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Warum Geld oft die Freundschaft vergiftet.

Freundesgruppe am Gipfel

Ein heikles Thema habe ich vor kurzem im Freundeskreis angesprochen und nach Erfahrungen recherchiert: Ist Geld eher Gift für wahre Freundschaft oder letztlich sogar ein Freundesbeweis?

Die Geschichten, die ich zu hören bekam, waren teils sehr erschütternd, manchmal rührend naiv und letztlich oft die Bestätigung der harten Realität, dass Geld einen erheblichen Einfluss auf unsere freundschaftlichen Beziehungen hat. Selbst jene, die zunächst vorgaben, dass für sie Geld keine Rolle im Freundeskreis spiele, mussten auf Nachfrage sich bald zwei Gründe dafür eingestehen: Zum einen waren sie selbst immer wohlhabend und hatten nie Geldsorgen und zum anderen haben sie sich nie Gedanken über die finanzielle Situation ihrer „Freunde“ gemacht. 

Zu Beginn ist Geld der unsichtbare Kitt der Freundschaften.

Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, gilt bei Freundschaft und Geld die banale Volksweisheit „Gleich und gleich gesellt sich gern.“ Dies beginnt schon unbewusst in der Kindheit. Denn wir alle wachsen in einer Milieuumgebung auf, die sich primär dem Wohlstandslevel unserer Eltern verdankt.

Erste kleinere Brüche kann es in der Schulzeit geben, wenn unsere Schulen unterschiedliche Milieukinder unter einem Dach vereinen. Doch schon dort kommt es selten zu Freundschaften zwischen Kindern, die nicht eine annähernd gleiche finanzielle Ausstattung von Haus aus besitzen. Selbst bei sinkendem Einfluss der Eltern sind die äußeren Insignien (Kleidung, Urlaube, betriebene Sportarten etc.) der Quell der unbewussten Selektion.

„Geld sei kein Thema.“ stimmt nur bedingt.

Oft bekam ich bei meinen Recherchen zu „Freundschaft und Geld“ die primäre Auskunft, Geld sei kein Thema unter Freunden. Das stimmt leider nur bedingt. Denn es ist nur so lange keine Belastung, bis es bei einem knapp wird. Je nachdem, unter welchen Lebensstil-Bedingungen die Freundschaft beginnt, wird ein zunehmendes Ungleichgewicht belastend sein. Doch insofern stimmt die Bemerkung, dass es kein Thema sei, weil dann eher stillschweigend der Rückzug aus der Freundschaft angetreten wird. Wenn sich einer das regelmäßige Essengehen, das lustvolle Shopping oder gar den gemeinsamen Urlaub nicht mehr leisten kann, beginnt es oft mit Ausflüchten: Keine Zeit, keine Lust. Und nach einiger Zeit endet die Freundschaft nicht selten mit „Ghosting“.

Mehr Geld, mehr Freunde. Laut Studie korreliert die Anzahl der Freunde mit dem Einkommen. 

Wenn man Realistin ist, ahnt man es, gesteht es aber nur ungern ein: Wer über ein hohes Einkommen verfügt, hat auch mehr Freunde. Eine Studie bringt es an den Tag und relativiert zugleich die persönliche Einschätzung. Die Anzahl der „wahren“ Freunde steigt nicht im gleichen Maße wie die Anzahl der Freunde. Menschen mit einem monatlichen Einkommen von über € 7.500,– zählen durchschnittlich 9 Leute zum Freundeskreis, davon aber nur 4 „wahre“. Menschen mit niedrigem Einkommen (unter € 2.000,– im Monat) nennen durchschnittlich 5 Freunde und erachten davon aber 3 als „wahre“. 

Ich bin da skeptisch. Wenn es denn wirklich mal um Geld in der Not geht, wird sich die Anzahl „wahrer“ Freunde sicher reduzieren. 

Die Beziehung „Freundschaft und Geld“ – es ist kompliziert.

Wenn man liest, dass gut 80% es ablehnen, sich von Freunden Geld zu leihen, weil 70% auch genervt wären, wenn Freunde sich Geld leihen würden, frage ich mich dann doch, was ist dann so eine Freundschaft wert? Ich verstehe, dass es so viele gibt, die nie nach einer Geldleihe fragen möchten. Es sind wohl all die, die nie in so eine Bredouille geraten – sei es, weil sie haushalten können, gut verdienen oder im Notfall auf ihre Familie setzen. Da ist es leicht, so eine Aussage zu treffen. Bei mir wäre es anders. 

Für immer und ewig. Bis dass das Geld uns scheidet.

Wenn ich die finanzielle Luft habe, Freunden in Finanznöten helfen zu können, dann tue ich es. Erstens glaube ich, dass es all meinen Freunden selbst unangenehm wäre, sich zu offenbaren. Das heißt, wenn mich schon jemand bitten würde, gehe ich davon aus, dass sie/er wirklich einen Engpass hat und leider auch keine Eltern oder Verwandten, die da helfen könnten. Zweitens – und das ist für mich das Entscheidende – ich würde nur so viel verleihen (oder gar schenken), von dem ich schätze, dass mich meine Enttäuschung darüber, ausgenutzt worden zu sein, mehr schmerzen würde als der Verlust des Geldes.

Das Drama nimmt schnell seinen Lauf – frühzeitig aussteigen.

Die Vorzeichen, dass Geld die Freundschaft belasten könnte, gibt es früh. Ich bin sofort raus, wenn ich jemanden kennenlerne, der zu sich großzügig ist, jedoch ansonsten sehr offensichtlich geizig – sei es beim Trinkgeld oder beim gemeinsamen Kaffee, den man mal übernehmen könnte. Schmerzlich wird es, wenn ich etwas verleihe – muss nicht gleich Geld sein – und es nicht ungefragt zurückbekomme. Nichts ist unangenehmer, als Schulden einfordern zu müssen.

Generosität sollte man auch mit Vorsicht genießen.   

Wer zu den Glücklichen zählt, die über viel Geld verfügen, sollte sich auch generös zeigen. Doch Vorsicht: Es sollte thematisiert und vom Gegenüber auch wirklich honoriert werden. Nur dann können beide Seiten ihre Beziehungsbilanz als gleichwertig erachten. Ja, das leidige Bilanzieren. Man kann sich dem nicht gänzlich entziehen, dass auch in einer Freundschaft – und erst recht in einer Beziehung – regelmäßig Bilanz gezogen wird. Sobald da auf einer Seite ein stetig gefühltes Ungleichgewicht zwischen Geben und Nehmen grummelt, ist die Freundschaft sicher auch an einem fragwürdigen Punkt angelangt. 

Foto von Tiago Rosado auf Unsplash