Getoastetes Brot, gar spezielles Toastbrot – der Gedanke allein lässt viele schon die Nase rümpfen. Brot in Deutschland gilt ja als vorbildliches Kulturgut, aber eben vorzugsweise duftend ofenfrisch vom Bäcker oder gar selbst gebacken. Brot zu toasten hingegen gilt fast wortwörtlich als Armutszeugnis: Kannste dir kein frisches Brot mehr leisten? Aber andererseits ärgere sicher nicht nur ich mich immer wieder, wenn Reste des vor drei Tagen gekauften Brots als zu trocken geschmäht werden und im schlimmsten Fall dann zwei Tage später im Biomüll entsorgt.
Dem trockenen Brot ein zweites Leben schenken.
Da ich mich konsequent bemühe, keine Lebensmittel verderben zu lassen (Ca. 20% werden ungenutzt entsorgt, davon knapp 60% in den privaten Haushalten), suche ich immer Wege, alle Reste noch irgendwie zu verwenden. Freudigster Abnehmer ist der Hund. Beim Brot erweist sich der Toaster als überzeugender „Reanimator“. Jedes Brot – nicht nur Toast – schmeckt da wirklich nochmal anders und herzhaft gut. Doch meist bleibt es bei einer zwischendurch mal schnell getoasteten Scheibe Brot mit zart zerlaufener Butter und einer Scheibe Käse. Das man aus der Not eigentlich eine faszinierende Tugend machen kann, beweist das aktuelle Buch von Prue Leith „Toast it!, ganz aktuell im DK Verlag erschienen (€ 16,95).
Prue Leith, Jahrgang 1940, britische Berühmtheit und bedeutende Influencerin.
Wer Prue Leith noch nicht kennt, sollte sie kennenlernen. Die 1940 in Südafrika geborene Dame, die sich selbst als Küchenchefin beschreibt, ist in Großbritannien eine Berühmtheit. Große Bekanntheit erlangte sie als mehrfache Jurorin im TV bei Sendungen wie „The Great British Back Off“ oder „The Great British Menu“. Doch wer ihre Website besucht, sieht gleich, dass sie eine zeitgeistgemäße Influencerin ist, die auch ihren Mode- und Brillengeschmack thematisiert, Lifestyles empfiehlt und bislang neben 14 Kochbüchern auch acht Romane veröffentlicht hat. Wer ihr aktuell auf Deutsch erschienenes Buch „Toast it!“ in der Hand hält, würde sicher nicht eine 80jährige Lady als Autorin dahinter vermuten. Es ist modern, farbenfroh und schön gestaltet, mit großartigen, Appetit anregenden Abbildungen aller 75 Rezeptvorschlägen.
Toast & Beans – mein jugendliches Trauma aus dem ersten Englandaufenthalt
Auch wenn ich heute gerne mal toaste – wir haben sogar einen Sandwichtoaster nach dem vergangenen Urlaub angeschafft – , so verbinde ich mit Toast ein Trauma meiner Jugend. Beim Sprachurlaub in England habe ich eine Gastfamilie in Eastbourne erwischt, die mir allen Ernstes zum Frühstück Toast & Beans vorstellte. Das war für mich der endgültige Beweis für die kulinarische Unkultur in Großbritannien, den ich in „Asterix bei den Briten“ schon angedeutet bekommen hatte. Dass nun heute ausgerechnet eine Lady aus Großbritannien mir mit unbekannten krossen Köstlichkeiten den Mund wässrig machen würde, hätte ich mir damals nicht vorstellen können. Doch jetzt habe ich auch das Trauma endgültig überwunden.
75 krosse Köstlichkeiten – echt krass.
Wie Prue Leith in ihrer Einleitung schildert, hatte sie anfangs gar nicht an ein Rezeptbuch à la Toast it! gedacht. Die Toast-Ideen hatte sie zunächst in einer Zeitschriftenkolumne veröffentlicht, beschränkt auf ein Foto und einen Rezepturnamen wie „Gebratene Ananas auf Brioche mit Eiscreme“. Bild und Titel erschienen ihr ausreichend, um Leserinnen und Leser zur Nachahmung zu inspirieren. Auch wenn dies erfahrene Hobbyköchinnen und -köche so gerne aufgriffen, so nahmen offenbar die Anfragen noch genaueren Rezepturen zu.
Das Ergebnis kann sich sehen und perfekt nachkreieren lassen, selbst von Neulingen einer ambitionierten Küche. Das besondere Vergnügen liegt in der Kreation, die man auch gerne gemeinsam im Freundeskreis ausführen kann. Und es gibt auch eine breite Palette an Belag-Ideen von Vegetables, Käse, Ei, Fisch & Fleisch bis hin zu vegan und süß als Dessert. Bei den Zutaten ist Prue Leith nicht pingelig. Es dürfen gerne auch Fertigprodukte hinzugenommen werden.
Eine kleine Galerie aus Toast it!:
Beispielrezept aus Toast it!:
Ziegenkäse, Birne & Balsamico auf Baguette
Für dieses Rezept brauchst du
- 6 Scheiben Baguette
- 1/2 TL Koriandersamen
- 2 reife Conference-Birnen
- 6 dünne Scheiben Ziegenkäse
- Balsamico-Creme Fertig kaufen
- Basilkumbätter
Zubereitung
- Die Baguettescheiben leicht rösten und in eine Grillschale geben
- Die Koriandersamen in einer Pfanne unter Schütteln rösten bis sie duften und leicht dunkel werden. Im Mörser leicht zerdrücken.
- 6 Birnenscheiben im Durchmesser des Brotes schneiden.
- Jede geröstete Baguettescheibe mit Birne und Käse belegen. Alles mit Balsamico-Creme beträufeln, dann grillen bis der Käse zu schmelzen beginnt und dunkel wird. Auf Teller legen und mit Basilkum und Koriandersamen bestreut servieren.
Die nächste Brotzeit wird kross.
Ein Kochbuch, das mich aufgrund seiner verführerisch schlichten Grundidee und den vielen daraus resultierenden deliziösen, ebenso einfachen als auch anspruchsvollen Varianten gänzlich überzeugt hat. Freue mich schon auf den geplanten Brotzeit-Abend mit Freunden und ihren sicher zuerst mal überraschten Gesichter, wenn sie sehen, was da alles auf den Tisch kommt. Kleiner Tipp zum Schluß: sehr fein zu geröstetem Brot ist Lemon Curd.
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