Der aktuell gelungenste Coup in der Modewelt: Ein spektakulärer Auftritt von Birkenstock im Film „Barbie“. Grandios ironisch und mehrdeutig überlässt der Auftritt es jedem selbst, seine Haltung zum Birkenstock-Hype der vergangenen Jahre wieder zu erkennen. Barbies Weg in die reale Welt führt nun aber über ein Paar Birkenstock. Für die einen ein Must-have, für die anderen ein ewiges No-Go. Was Heidi Klum & Co. da 2003 ins Rollen brachten, findet hier nun 20 Jahre später einen ersten kulturhistorischen Höhepunkt – das wird man wohl damals ebenso wenig geahnt haben wie heute, dass ausgerechnet der Film „Barbie“ das größte cineastische Ereignis in 2023 werden würde.
Birkenstock & Co. – Die Sandalisierung der Gesellschaft
In den Sozial-Medien und auch in unserer Redaktion teilen sich seit Jahren die Fronten gegenüber der Sandalisierung der Gesellschaft. Gerne debattieren wir hier, wer und was diese „ollen Latschen“ (Fraktion Birkenstocks? Never!) immer noch aktuell und derzeit zum hippsten Schuhwerk der Fashionistas macht. Wer im Bekanntenkreis nachfragt, findet immer mehr, die auf „Ihre Birkis“ schwören – gleich, ob Frau oder Mann. Und einen nicht zu verachtenden Nebeneffekt hat es auch: immer mehr achten auch auf ihre Fußpflege.
Die Bequemen
Zweifellos waren Birkenstocks noch bis vor 20 Jahren für Modebewusste ein absolutes „No-Go“. Einziges Argument für die Gesundheitsschlappen war die unbestrittene Bequemlichkeit. In dieser vergangenen Ära gab es Menschen, meist beruflich begründet, für die Birkenstocks der Inbegriff des Wohlfühlschuhs waren. Birkenstock-Sandalen und -Schuhe sind seit jeher bekannt für ihre ergonomische Passform und ihr ausgeprägtes Fußbett. Das Fußbett basiert auf einer Kork-Latex-Mischung, die sich an die individuelle Form der Füße anpasst und somit optimalen Halt und Komfort bieten soll. Das letztlich jeder, der in diesen Schuhen nicht geht, sondern eher watschelt oder schlürft, ficht diese Überzeugungsträgerinnen nicht an.
Die Ökos
Mit Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein überzeugte Birkenstock seine Trägerinnen schon Jahrzehnte bevor immer mehr Konsumentinnen dieser Welt sich keinen schlanken Fuß mehr machen wollten und lieber schlappend einen erträglichen ökologischen Fußabdruck hinterlassen. Greenwashing hatte Birkenstock nie nötig. Eher im Gegenteil: Als trittfestes Symbol vieler ökologischer Hardliner steckte die Marke einige Zeit in diesem Nischen-Dilemma. Zuletzt im Zuge von Fridays vor Future sind diese Insignien der Öko-Bewegung zunehmend ins Blickfeld von Influencern geraten, die ja gerne nach solidarischen, trag- und kommerzialisierbaren Zeichen Ausschau halten. Bedruckte T-Shirts wären da zu plump.
Die Alternativen
Früher hätte man Ökos und Alternative dem gleichen Milieu zugeordnet. Heute kann man da schon unterscheiden. Während sich die ökologisch Orientierten kaum an modischen Trends ausrichten, so sind die Alternativen immer auf der Suche nach modischen Gegentrends. In diesem Fall also Pantoffeln als Pendant zu Stöckelschuh. Die Sandalisierung wird da schnell mal als feministisches Statement gegen patriarchale Vorstellung von trippelnder und stöckelnder Weiblichkeit.
Die Zeitlosen
Gerne werden die Birkis auch als zeitloser Klassiker bezeichnet. Nun ja, es gab eigentlich nie eine Zeit, in der Birkis mal völlig ausgelatscht waren. Schon 1963 bei der Messe-Präsentation der Gymnastik-Sandale „Madrid“ (Das Labeln der Modelle mit Städtenamen wird bis heute durchgezogen) war die Modewelt ziemlich schnell gespalten. 90% fanden sie scheußlich, der Rest wurde ein treuer Fan. Schnell wuchs diese Gruppe der Enthusiasten international. Und damit auch das Image der deutschen Schuhmode. Birkis und Adiletten, original nur mit weißen Socken, sind sicher zeitlose Klassiker, die viele Deutsche als Modezeichen „Made in Germany“ in die Welt getragen haben. Heute produziert man allein bei Birkenstock 30 Million Paare pro Jahr, die in 90 Ländern verkauft werden.
Leute machen Kleider
„Kleider machen Leute.“ Was Jahrhunderte galt, kehrt sich heute nicht selten ins Gegenteil um. Prominente und Influencerinnen spielen eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung von Trends. In den letzten Jahren haben zahlreiche Stars und Influencerinnen ihre Liebe zu Birkenstock offen zur Schau gestellt. Und Birkenstock selbst hat auf Instagram 1,2 Millionen Follower. Zudem finden sich endlos viele Birkenstock Queens in den Sozialen Medien. Entsprechend ist es um die vormals geltenden Leisetreter enorm laut geworden.
Mehrfach geadelt: Luxus-Designermodelle von Birkenstock.
Birkenstock hat sich in den vergangenen Jahren nicht dagegen gewehrt, plötzlich hip zu sein. Zu Kooperationen mit anderen Luxusmarken und Designern hat man nicht nein gesagt. Und regelmäßig gibt es nun auch limitierte Editionen, die besondere Begehrlichkeiten wecken und die Secondhand-Preise hochhalten. Doch eins muss man Birkenstock lassen. Auch wenn die Marke jetzt zur Upperclass in der Mode aufsteigen konnte, sind die Preise noch immer zivil – von ein paar Sondereditionen abgesehen. Diese Sondereditionen schaffen eine Aura der Exklusivität und steigern die Nachfrage auch nach den klassischen Birkenstock-Modellen.
Schön hässlich
Unser Fazit ist salomonisch: Birkis sind einfach schön hässlich. Sie machen sicher keinen schlanken Fuß, aber sie taugen perfekt zu einem Statement. Von konsum- und kapitalismuskritisch bis individualistisch und fashionable. Welches Statement man persönlich geben will, ist individuell und so breit wie das Fußbett einer Birkenstock-Sandale. Immer geht es darum, Schuhe zu tragen, die zwar nicht traditionell schön sind, aber eine gewisse Nostalgie und Originalität ausstrahlen. Birkenstock-Sandalen passen perfekt zu diesem Trend. Sie sind nicht nur bequem, sondern auch eigenständig und unverwechselbar. Selbst die Frage „Mit oder ohne Socken“ kann nicht eindeutig beantwortet werden. Denn auch hier zeichnet sich ab, dass man das schön hässlich kombinieren kann. Auf geht’s! Und nicht aus den Latschen kippen. Falls doch, dann mal einen Drink aus unser Liste der TopTen Drinks aus Filmen.
Bilder: Foto von Justin Groep auf Unsplash, Foto von Nahima Aparicio auf Unsplash, Foto von No Revisions auf Unsplash
Kommentar schreiben