Dass 2020 ein außergewöhnliches Jahr war, muss man nicht zum zigsten Mal betonen. Dass dieses Jahr aber auch sehr bemerkenswerte Frauen ins Rampenlicht der Medien brachte, wollen wir würdigen. Womz versammelt hier die Frauen des Jahres, deren Aktivitäten und Beiträge uns in diesem Jahr besonders beeindruckten. Frauen, die enorme Haltung zeigten, mit Power und Ausdauer sich täglich als Macherin beweisen, die eindrucksvoll Mut, Tatkraft, Empathie vereinen und Frauen, die uneitel, stilvoll und wortgewandt ebenso klug wie einfühlsam gesellschaftlich Position beziehen. Frauen, die ihr Prominenz nutzten, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Kurz: Leuchtturm-Frauen, die aus der medialen Flut herausragten. Fangen wir an:
1. Mai Thi Nguyen-Kim
Sie war schon vor 2020 keine Unbekannte. Mai Thi Nguyen-Kim, Doktor der Chemie, nutzt seit Jahren ihr Expertenwissen und Erklär-Talent, um uns interessierten Laien die Welt der Wissenschaften zugänglich und verständlich zu machen. Breiter bekannt wurde sie 2019 durch ihre Moderation der WDR Wissenschaftssendung „Quarks“.
Doch schon seit 2015 ist sie regelmäßig auf Youtube aktiv. Ihr Kanal MaiLab hat über eine Millionen Abonnenten, die sich von ihrer Mission packen lassen: Sich der Faszination der Wissenschaft hinzugeben und in jedem schlichten Gegenstand eine Welt entdecken zu können, die jede Fantasie sprengt.
Dieses Jahr erhielt sie viel Aufmerksamkeit und Ehrungen für ihr Bemühen, uns die Corona-Pandemie verständlich zu machen. Das Video, das Mai Thi Nguyen-Kim am 1. April 2020 unter dem Titel „Corona geht gerade erst los“ veröffentlichte, war sicher eines der medialen Highlights 2020. Ihre wachsende Prominenz weckt eine große Hoffnung: Mehr und mehr Mädchen und Frauen auch für Naturwissenschaften zu begeistern. Bücher gibt es auch von ihr: [amazon link=“3426277670″ /] und ab März 2021 „Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit: Wahr, falsch, plausibel.“
2. Carolin Kebekus
Die Zeiten, als witzige Frauen im TV noch als Ulknudel besetzt wurden, sind glücklicherweise lange vorbei. Dazu beigetragen haben viele Frauen, die auf bissige und intelligente Weise das Format „Comedy“ zu nutzen wissen. Anke Engelke steht hier am Anfang und aktuell zählt Carolin Kebekus sicher zur A-Prominenz der Comedians. Wohl deshalb wurde aus ihrem Show-Format mit dem provokanten Titel „PussyTerror TV“ irgendwann „Die Caroline Kebekus Show“, weil ihr Name noch mehr zieht. Doch das tut ihrem Anspruch, kritisch und provokant so manch Etablierten aufs Köpfchen zu hauen, keinen Abbruch. Und so düpierte sie 2020 auch die gesamte Nachrichten-Chefredaktionen der ARD.
Als in den USA die „Black Lives Matters“ Unruhen eskalierten und weltweit in den sozialen Medien über „Rassismus“ debattiert wurde, war das für die Nachrichtenredaktionen der ARD noch immer kein Grund für eine Sondersendung. Kurzerhand entschied deshalb Carolin Kebekus ihre Show „ausfallen“ zu lassen und selbst einen „Brennpunkt“ zum Thema „Rassismus“ auszustrahlen. Die Moderation übergab sie Shary Reeves, und 17 deutsche Prominente erzählten darin, wie oft sie schon wegen ihrer Hautfarbe diskriminiert oder angefeindet wurden.
„Mein Anliegen mit dem Themenstück in der gestrigen Sendung ist und war, dass auch hier bei uns über Rassismus diskutiert wird, denn Rassismus ist nicht nur ein amerikanisches Problem“, erklärte Carolin Kebekus ihren berechtigten Coup und einer der TV-Höhepunkte 2020. Von ihr gibt es auch ein Hörbuch: „Pussyterror: Aus dem Leben einer Straßendiva.“ [amazon link=“B01JS40F5S“ /]
3. Kamala Harris
Zugegeben: vor 2020 wussten wir fast nichts über Kamala Harris. Und jetzt möchten wir fast alles über sie wissen, z.B. welche Schuhmarken sie bevorzugt. Die designierte erste Vize-Präsidentin der USA beeindruckt durch ihre mitreißende, selbstbewusste Redegewandtheit und persönliche Ausstrahlung. Einnehmend und wohltuend waren ihre Auftritte im US-Präsidenten Wahlkampf. Dass Biden gegen Trump gewinnen konnte, dürfte sich auch ihrem charismatischen Wesen verdanken. Auf jeden Fall verspricht sie, für viele junge Amerikanerinnen Vorbild und Ansporn zu sein. Und da hätten wir nichts dagegen. Von ihr gibt es ein Hörbuch (englisch) [amazon link=“B07PXTZF8N“ /] und bald auch eine Biografie [amazon link=“3453218248″ /]. Und wer echter Fan ist, mag vielleicht sogar ein T-Shirt mit ihrem Konterfei [amazon link=“B08MQCGL94″ /]
4. Lashana Lynch
Auch wenn es mehr nach einem PR-Coup klingt, wollen wir die News, dass Lashana Lynch im Dienst ihrer Majestät als Bond-Nachfolgerin gehandelt wird, hier aufreihen. Vergangenes Jahr hätten wir nicht mal gedacht, dass man so einen Rollentausch der männlichsten aller Filmikonen überhaupt erwägen könnte. Der Plot des neuen Bond Films „Keine Zeit zu sterben“, der im Frühjahr 2021 in die Kinos kommen soll, sieht wohl vor, dass sich James Bond zu Beginn des Films in den Ruhestand begibt. Seine Dienstnummer 007 übernimmt eine Kollegin Nomi.
„Ich wollte keine klischeehafte Figur spielen. Das wäre gegen alles, wofür ich stehe. Mit dem, was Nomi repräsentiert, wollte ich keine Chance verschwenden.“, erklärt Lsashana Lynch zu ihrer Rolle.
Vorsicht Spoiler: Der berühmteste Agent aller Zeiten kommt letztlich doch zurück und nimmt seinen Platz wieder ein. Mmmh. Aber ein Schrittchen zu mehr Frauen-Power sind wir gegangen.
5. Marietta Slomka
Dass die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender viele, ziemlich lässige, kluge Moderatorinnen hervorbringen, werden hoffentlich nur wenige bezweifeln. Besonders im Fokus stehen die Ankerfrauen in den Nachrichtensendungen. Seit Jahren dabei und immer noch präsent sind Caren Miosga für die Tagesthemen und Marietta Slomka beim heute-journal. Beide wurden mehrfach ausgezeichnet für ihre vorbildliche Art und Weise der Moderation und Interviews.
Auch aktuell 2020 erhielt Marietta Slomka wieder einmal den deutschen Fernsehpreis für ihr kluges und stilvolles Nachhaken bei manchen doch sehr selbstgefälligen Gesprächspartnern. Ein besonderes Ereignis schrieb dieses Jahr bei ihr Fernsehgeschichte: Das Interview mit Thomas Kemmerich nach dessen Wahl am 5. Februar zum Thüringer Ministerpräsidenten mit den Stimmen der AfD.
„Mit Interviews wie diesen leistete und leistet Marietta Slomka gleich mehrere Dinge. Sie kanalisierte die Wut vieler Menschen in Deutschland ebenso wie das Gefühl der Machtlosigkeit, ohne dabei zur reinen Anklägerin zu werden. Stattdessen zeigte sie, was mit nüchternem Nachfragen zuweilen auch eine ganze Menge zu erreichen ist.“, schreibt Benjamin Knödler treffend in seinem Beitrag im Freitag. Bücher von Marietta Slomka gibt es auch. Das aktuellste trägt den Titel [amazon link=“B00DTRC7F2″ /].
6. Maria Kolesnikowa, Swetlana Tichanowskaja und Veronika Zepkalo
Eigentlich müssten hier viel mehr Namen von Frauen aus Belarus stehen, die seit Monaten mit friedlicher Beharrlichkeit gegen die Wahl des Präsidenten Lukaschenko protestieren. Dass sie dabei politische Willkür, Ausweisung, zunehmende Gewalt, Leid und gar um ihr Leben fürchten müssen, lässt sich kaum hoch genug achten. Maria Kolesnikowa, Swetlana Tichanowskaja und Veronika Zepkalo seien hier nur stellvertretend für all diese couragierten Frauen gewürdigt, die eine Freiheitsbewegung anführen und hoffentlich nicht als Märtyrerinnen, sondern Ikonen des politischen Wandels in die Geschichte ihres Landes eingehen.
7. Die Wellenbrecherinnen: Stefanie Kluge, Catharina Streit, Timna Kluge, Meike Ramuschkat
Vier Frauen aus Hamburg, ein unglaubliches Wagnis. Als erstes deutsches Team und reine Frauencrew nahmen sie an der Talisker Whisky Atlantic Challenge teil und ruderten in einem hochseetauglichen Ruderboot 5.000 KM in 42 Tagen über den Atlantik. Vor drei Jahren begannen die intensiven Vorbereitungen von. Stefanie Kluge, Catharina Streit, Timna Kluge, Meike Ramuschkat. Im Dezember 2019 sind sie von La Gomera gestartet. Das Ziel: Antigua.
Alles ist gut gegangen. Am 23. Januar 2020 erreichten die vier Hamburgerinnen nach 42 Tagen ihr Ziel. Die Geschichte warum, wieso, weshalb ist ausführlich beim ZDF dokumentiert worden. Welche Strapazen und Qualen die vier Ruderamateurinnen bei der Überfahrt überwinden mussten, aber auch welch unvergleichliche, einmalige und grandiose Erfahrungen sie damit machten, schildern bislang nur einige Presseberichte. Der Film, der die Abenteuerfahrt dokumentiert und unter dem Titel „Die Wellenbrecherinnen“ ins Kino kommen soll, harrt Corona bedingt noch immer seiner Premiere.
8. Vier Staatschefinnen: Jacinda Ardern, Sanna Marin, Tsai Ing-wen, Angela Merkel
Sanna Marin, Ministerpräsidentin Finnlands und jüngste Regierungschefin der Welt, Jacinda Ardern, Premierministerin Neuseelands, Tsai Ing-wen, Regierungspräsidentin Taiwans und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Vier sehr unterschiedliche Frauen, die jedoch eines vereint: Regierungschefinnen ihrer Länder zu sein und weltweit für ihren Umgang mit der Corona Pandemie hoch geachtet zu werden. Auch wenn solche individuellen Erfolge nicht verallgemeinert werden sollten, so stehen die vier Frauen doch exemplarisch für einen weiblichen Führungsstil in der Politik, der immer mehr Beachtung findet. Für uns sicher ein wünschenswerter Trend. Ob der sich durchsetzt, werden wir wohl erst in Geschichtsbüchern in 50 bis 100 Jahren lesen können.
9. Christine Lagarde
Die EZB-Chefin ist laut Forbes 2019 die Nummer 2 der einflussreichsten Frauen der Welt. Nr. 1 ist seit etlichen Jahren immer Angela Merkel. Mit welcher Macht Christine Lagarde ausgestattet ist, mag für ökonomische Laien wie uns zwar im Detail schwer nachvollziehbar sein, dennoch dürften angesichts der Billionen Summen, die die europäische Zentralbank bewegt, jedem klar sein, warum die Dame derzeit an Nr. 2 steht. Und für uns ist sie auch modisch eine wahre Stilikone.
10. Sina Trinkwalder
Einige werden sie kennen, die Gründerin des Textillabels manomama. Manche belächeln Sina Trinkwalder angesichts ihres Engagements für nachhaltiges Unternehmertum und ihrer rustikalen Art, sich gesellschaftspolitisch einzubringen. Doch der Erfolg ihres Unternehmertums imponiert uns seit Jahren ebenso, wie ihre klaren, kritischen Ansagen, die sie zu vielen relevanten Themen öffentlich macht. Bislang haben wir niemanden entdecken können, der annähernd so konsequent und inspirierend weibliches und gesellschaftlich verantwortungsvolles Unternehmertum verkörpert. Sie ist eine Macherin durch und durch. Dabei folgt sie konsequent ihrem Credo: „Die einzige Aufgabe eines Unternehmens von heute ist die Maximierung der Menschlichkeit, nicht die Steigerung monetärer Erträge.“ Sina Trinkwalder hat schon mehrere Bücher veröffentlich.
2020 ließ uns und auch sie wieder einmal am Amtsschimmel verzweifeln. Gleich zu Beginn der ersten Corona Welle war sie bereit, ihre Produktion mit ihren ca. 150 MitarbeiterInnen zugunsten der Herstellung von Stoffmasken umzustellen. Zu diesem Zeitpunkt ging es primär um medizinische Schutzmasken. Die hätte sie zwar herstellen können, wäre jedoch – wie wir es bald alle lernen mussten, die fleißig Masken nähten – Gefahr gelaufen, abgemahnt zu werden. Denn man darf selbstgefertigte Stoffmasken nicht „Mundschutz-“ oder „Atemschutzmaske“ nennen, wenn sie nicht amtlich zertifiziert sind. Nun, zum Glück konnte wir mit dem Begriff „Mund- und Nasenmaske“ eine Abmahnwelle umgehen und eine kleine Modewelle in Gang setzen.
Klar, das ist eine willkürliche Auswahl von uns. Dir fallen da vielleicht ganz andere Frauen ein, die dieses Jahr gewürdigt werden sollten. Wir hatten auch noch einige auf der Liste und uns damit schwer getan, wenn wir nicht aufnehmen. Doch unsere aller Zeit ist ja begrenzt. Und dieser Beitrag, der uns am Herzen lag, ist so schon viel zu lang. Doch bitte schreib uns doch gerne in einem Kommentar, welche Frau(en) du hier noch vermisst.
Fotoquellen: Wikipedia, Youtube
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